Wohnraum in Garage

Frage: ich möchte im Land Brandenburg über einen Makler ein Reihenendhaus kaufen. An dem Haus direkt angebaut ist bereits eine große Doppelgarage + kleine Werkstatt dahinter, diese soll laut Maklerunterlagen von der Baugenehmigungspflicht befreit gewesen sein (Bau in 1999/2000). Die Garage hat allerdings ein Obergeschoss -mit einer Treppe innerhalb der Garage zu erreichen, wo neben einem Abstellraum auch ein Wohnraum + Bad errichtet worden sind. Nun meine Frage: hätte man damals für die Schaffung von extra Wohnraum nicht eine Baugenehmigung benötigt? Was könnte jetzt uns als Käufer passieren? Müsste man in Falle des Falls mit einem Abriss rechnen? Oder kann man auch nachträglich die Baugenehmigung bekommen? Andererseits: wo kein Kläger auch kein Richter, aber ich möchte (auch aus späteren Wiederverkaufsgründen) eine Rechtssicherheit schaffen. Vielen Dank im voraus.

 

Antwort: Ich würde da mal keine schlafenden Hunde wecken.

 

In der Brandenburgischen Bauordnung (BbgBO) steht unter

 

§ 55 Genehmigungsfreie Vorhaben

 

 (1) Die Genehmigungsfreiheit nach den Absätzen 2 bis 13 gilt nur für selbstständige Einzelvorhaben und entbindet nicht von der Verpflichtung, die durch öffentlich-rechtliche Vorschriften an bauliche Anlagen und andere Anlagen und Einrichtungen gestellten Anforderungen einzuhalten, insbesondere auch die in örtlichen Bauvorschriften, einem Bebauungsplan nach § 30 Abs. 1 bis 3 oder einer Satzung nach § 34 Abs. 4 des Baugesetzbuchs getroffenen Festsetzungen zu beachten. Die Genehmigungsfreiheit entbindet nicht davon, den nach öffentlich-rechtlichen Vorschriften vorgeschriebenen Anzeigepflichten nachzukommen sowie sonstige für die Durchführung des Vorhabens erforderliche behördliche Entscheidungen einzuholen.

 

(2) Keiner Baugenehmigung bedürfen die Errichtung oder Änderung folgender Gebäude:

 

1. Gebäude ohne Aufenthaltsräume, Toiletten oder Feuerstätten mit nicht mehr als 75m3 umbautem Raum, die nicht im Außenbereich liegen; dies gilt nicht für Garagen, Ställe sowie Gebäude, die Verkaufs- oder Ausstellungszwecken dienen,

2. Gebäude ohne Feuerstätten im Außenbereich, die einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dienen, nur zum vorübergehenden Schutz von Tieren oder zur Unterbringung von Ernteerzeugnissen oder land- und forstwirtschaftlichen Geräten bestimmt sind, nicht unterkellert sind und nicht mehr als 150m2 Grundfläche und nicht mehr als 5m Höhe haben,

3. oberirdische Garagen mit nicht mehr als einem Geschoss und nicht mehr als 150m2 Grundfläche, im Geltungsbereich eines Bebauungsplans nach § 30 Abs. 1 oder 2 des Baugesetzbuchs,

4. zu einem Wohngebäude gehörende oberirdische Garagen mit insgesamt nicht mehr als 50m2 Grundfläche auf dem gleichen Grundstück,

5. Gewächshäuser im Außenbereich, die einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dienen, nicht mehr als 150m2 Grundfläche und nicht mehr als 5m Höhe haben,

6. Gewächshäuser mit nicht mehr als 50m3 umbautem Raum, ausgenommen im Außenbereich,

7. Wochenendhäuser mit nicht mehr als 50m2 Grundfläche und 4m Höhe in durch Bebauungsplan nach § 30 Abs. 1 oder 2 des Baugesetzbuchs festgesetzten Wochenendhausgebieten oder auf bauaufsichtlich genehmigten Wochenendhausplätzen,

8. Gartenlauben einschließlich Freisitz mit nicht mehr als 24m2 Grundfläche in Dauerkleingartenanlagen nach dem Bundeskleingartengesetz oder bauaufsichtlich genehmigten Kleingartenanlagen,

9. einzelne Aufenthaltsräume zu Wohnzwecken im Dachgeschoss von Wohngebäuden geringer Höhe mit nicht mehr als zwei Wohnungen, wenn die Konstruktion und die äußere Gestalt des Dachgeschosses nicht verändert werden,

10. vor der Außenwand eines Gebäudes errichtete Wintergärten mit nicht mehr als 15m2 Grundfläche und 50m3 umbautem Raum,

11. Fahrgastunterstände, die dem öffentlichen Personennahverkehr oder der Schülerbeförderung dienen,

12. Schutzhütten, wenn die Hütten jedermann jederzeit zugänglich sind und keine Aufenthaltsräume haben.  

 

Unter 4. sehen Sie, dass zu einem Wohngebäude gehörende oberirdische Garagen mit insgesamt nicht mehr als 50m² Grundfläche auf dem gleichen Grundstück genehmigungsfrei sind. Aber eben Garagen und keine Wohnräume.

 

Diese sind nach 9. im Dachgeschoss von Wohngebäuden geringer Höhe mit nicht mehr als zwei Wohnungen genehmigungsfrei, wenn die Konstruktion und äußere Gestalt des Dachgeschosses nicht verändert werden. Eine Garage ist aber kein Wohngebäude.

 

Im übrigen entbindet die Genehmigungsfreiheit nicht von der Pflicht, sich an öffentlich-rechtliche Vorschriften, etwa die Vorgaben des Bebauungsplans, zu halten.

 

Schauen Sie mal in Ihren Bebauungsplan. Im zeichnerischen Teil sehen Sie das Baufenster, im Textteil steht, wo Garagen gebaut werden dürfen, entweder nur innerhalb des Baufensters oder auch außerhalb oder auf speziellen Flächen für Garagen und Stellplätze.

 

Wenn Ihre Garage innerhalb des Baufensters steht, dann widerspricht ein Wohnraum hier nicht den Vorgaben des Bebauungsplans und Sie könnten ihn nachträglich genehmigen lassen. Steht sie aber außerhalb, dann darf dort eben eine Garage stehen und kein Wohnraum.

 

Eine nachträgliche Genehmigung sollten Sie aber nur erwägen, wenn Sie sicher sind, dass der Wohnraum auch den Vorschriften der BbgBO für Wohn- bzw. Aufenthaltsräume entspricht (Rettungswege, Raumhöhe etc.). Sonst schneiden Sie sich ins eigene Fleisch, wenn Sie die Behörde darauf aufmerksam machen. Diese ganzen Vorschriften hier auszuführen, würde zu weit führen und wäre ein Thema für einen weiteren Artikel.

 

Ich würde eher dazu raten, gar nichts zu tun und zu hoffen, dass es keiner merkt.

 

Wenn Ihr Wohnraum nicht den öffentlich-rechtlichen Vorschriften entspricht und die Behörde kommt dahinter, müssen Sie die Garage nicht abreißen. Die Behörde kann aber die den öffentlich-rechtlichen Vorschriften widersprechende Nutzung, also die des Wohnraumes als Wohnraum untersagen.

 

Das finden Sie in der BbgBO unter

 

§ 73 Baueinstellung und Nutzungsuntersagung

 

(1) Die Bauaufsichtsbehörde kann die Einstellung der Bauarbeiten anordnen, wenn

 

1. die Ausführung eines genehmigungspflichtigen Bauvorhabens entgegen § 68 begonnen wurde,

2. bei der Ausführung eines Bauvorhabens von den genehmigten oder angezeigten Bauvorlagen abgewichen oder gegen baurechtliche Vorschriften verstoßen wird,

3. Bauprodukte verwendet werden, die nach § 14 nicht gehandelt oder in den Verkehr gebracht werden dürfen,

4. Bauprodukte verwendet werden, die unberechtigt mit dem CE-Zeichen (§ 14 Abs. 1 Nr. 2) oder dem Ü-Zeichen (§ 19 Abs. 4) gekennzeichnet sind.

 

(2) Werden unzulässige Bauarbeiten trotz einer schriftlich oder mündlich verfügten Einstellung fortgesetzt, so soll die Bauaufsichtsbehörde die Baustelle versiegeln oder die an der Baustelle vorhandenen Bauprodukte, Geräte, Maschinen und Bauhilfsmittel in amtlichen Gewahrsam nehmen.

 

(3) Werden bauliche Anlagen im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften genutzt, so kann diese Nutzung untersagt werden. Wird diese Nutzung trotz bestandskräftiger oder sofort vollziehbarer Nutzungsuntersagung fortgesetzt, so soll die Bauaufsichtsbehörde die bauliche Anlage versiegeln.

 

Die BbgBO und mehr finden Sie unter Downloads.

Frage: (siehe Kommentar unten) Vielen Dank für die sehr hilfreiche Antwort! Dann werden wir wohl lieber nichts offiz. "tun", doch was passiert mir bei einem späteren Widerverkauf? Der mögl. neue Käufer hat das identische Problem wie aktuelle wir und würde vermutlich einen Preisnachlass möglw. fordern. Was für ein Abschlag in % wäre realistisch? Danke im voraus.

 

Antwort: Gar keiner. Wenn Sie das Haus wieder verkaufen, bekommt der Käufer ein Reihenendhaus mit großer Doppelgarage und Werkstatt. Und als Sahnehäubchen einen zusätzlichen Wohnraum mit eigenem Bad über der Garage obendrauf. Da ist doch kein Abschlag fällig, oder? Im Gegenteil.

 

Anders sieht die Sache natürlich aus, wenn Sie als Käufer darüber nachdenken, einen Abschlag zu fordern. Sie können ja mal versuchen, ob da was geht.

 

Dann werden Sie sehen, ob Sie einen bekommen, und diesen dann in Ihre Kalkulation des Verkaufspreises mit einbeziehen, wenn Sie das Haus wieder verkaufen.

 

Allerdings denke ich, dass Sie sich dann eher darüber freuen können, diesen Abschlag nicht gewähren zu müssen, da sich wohl die wenigsten Kaufinteressenten über solche Sachen Gedanken machen.

17. Jan 2009   | Email | Nach oben
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