Deckelschalung ohne Hinterlueftung

Frage: Unser Fassadenbauer hat uns mitgeteilt, dass nach aktuellem Stand der Technik eine Hinterlüftung einer vorgehängten Holzfassade nicht mehr ausgeführt wird!?

Wir haben unser Haus aufgestockt, die neue Außenwand ist Unipor Wärmedämmziegel / Planziegel mit einer Wandstärke von 24cm. Außen soll jetzt eine 2-lagige Unterkonstruktion (kreuzweise) aus 4/6 Kanthölzern mit einer Dämmung der Gefache (kreuzlagig mit jeweils 60mm Thermohanf) drauf. Auf diese Unterkonstruktion kommt eine diffusionsoffene Unterdeckbahn als Winddichtigkeitsebene (Solitex). Darauf soll eine 3/5 Traglattung zur Aufnahme der Holzfassade. Die Holzfassade wird als Boden-Deckelschalung aus Lärche Glattkantbrettern (20/140) hergestellt.
Ich hatte zwischen Winddichtigkeitsebene und Traglattung eine Hinterlüftung mit einer senkrechten 3/5 Konterlattung vorgeschlagen.
Unser Fassadenbauer teilte mit, dass eine Hinterlüftung nach neuster Erkenntnis nicht mehr ausgeführt wird. Die Fassade würde bis zur Solitex gerechnet und komplett diffusionsoffen gehalten.
Ist das korrekt???

 

Antwort: Solche Aussagen hört man immer wieder. Da wird dann auf Gutachten verwiesen, nach denen durch Windsog und –druck ausreichend Feuchtigkeit abgeführt wird, sodass auf eine Hinterlüftung verzichtet werden kann.

 

Ich persönlich halte davon nichts. Das Risiko wäre mir zu hoch. Auch denke ich, dass der Einbau einer Hinterlüftungsebene keinen unvertretbar hohen Aufwand darstellt, selbst wenn nach der einen oder anderen Theorie darauf verzichtet werden könnte.

 

Ich kenne auch niemanden, der dies so durchführt, und auch kein Projekt, bei dem auf eine Hinterlüftung verzichtet worden wäre.

 

Daher halte ich die Aussage Ihres Fassadenbauers, eine Hinterlüftung sei nicht mehr Stand der Technik und werde heute nicht mehr ausgeführt, für gelinde gesagt gewagt bzw. schlicht nicht zutreffend.

 

Sie können ja auch mal die Websites von Herstellern von Fassadenplatten durchstöbern (finden Sie unter Links). Ich glaube nicht, dass Sie dort bei den Verlegeanleitungen einen Hersteller finden, der für seine Platten bei vorgehängten Fassaden keine Hinterlüftung vorschreibt. Falls doch, schreiben Sie es mir bitte.

Frage: (siehe Kommentar unten) Hallo,
genau einen solchen vereinfachter Aufbau wurde mir von meinem Zimmerermeister auch vorgeschlagen.

An der Fassade wird das Konstruktionsholz (in Dämmstarke) WAAGERECHT festgeschraubt, dazwischen die Dämmung geklemmt, und gleich obendrauf eine diffusionsoffene Fassadenbahn (z.B. Delta Vent-S).

Gleich darauf kommt die Deckel/Bodenschalung.

Das spart sage und schreibe 6cm(!) Aufbaudicke ein (entspricht der Stärke von 2 Dachlatten).

Die Fassadenbahn ist so ähnlich wie Goretex, und hält die darunterliegende Dämmung und Konstruktionsholz garantiert trocken, so heißt der Zimmerer, d.h. da kann nix passieren.

Ich habe das ausprobiert und über so ein Stück'chen Fassadenbahn mal Wasser drüberlaufen lassen, und tatsächlich ist das Zeug 100% wasserdicht.

Ich verstehe, die oben beschriebene Lösung entspricht nicht der Vorschrift.

Aber -- können Sie mir erklären, worin genau das Risiko liegt ?

Was würde passieren, wenn bei starkem starkem Schlagregen/Wind von außen Regenwasser durch die Fugen hinter die Schalung dringt?

Kann es sein, daß sich bei Wetterwechsel, starkem Temperaturwechsel hinter der Schalung Konsenswasser bildet?

Eine ausführliche Erläuterung wäre für die Leser sicher sehr hilfreich, denn die Fragen nach der Hinterlüftung kamen schon mehrfach auf. 

 

Antwort: Dies wurde auch schon in mehreren Artikeln ausführlich beschrieben.

 

Das Problem ist nicht das Wasser, das von außen kommen könnte. Selbstverständlich sind die Fassadenbahnen dicht und halten somit dieses Wasser zuverlässig ab.

 

Es geht um das von innen ausdiffundierende Wasser bzw. den Wasserdampf. Dass sich dieser nicht als Tauwasser niederschlägt und Feuchteschäden in Dämmung und Fassade verursacht, muss er durch eine funktionierende Hinterlüftung an die Außenluft abgeführt werden.

 

Eine Hinterlüftung funktioniert aber nur ab einem Querschnitt von 2,5cm² pro cm Lauflänge. Da der Querschnitt durch das Lüftungsgitter reduziert wird, ergibt sich eine Mindeststärke von 30mm für die senkrechte Lattung der Hinterlüftungsebene.

 

Die Unterkonstruktion in der Dämmebene können Sie anbringen, wie Sie wollen, die Hinterlüftung muss aber senkrecht erfolgen.

 

Wenn Sie auf die Hinterlüftungsebene verzichten und direkt auf die Hölzer zwischen der Dämmung die Fassade schrauben, dann erreichen Sie diesen nötigen Querschnitt nie und nimmer. Zudem liegt am größten Teil der Fassade die Dämmung, nur getrennt durch die Fassadenbahn, direkt an den Bodenbrettern an. An dieser Stelle wird sich Tauwasser bilden, das sowohl Dämmung als auch Fassadenbretter in Mitleidenschaft zieht.

22. Nov 2008   | Email | Nach oben
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