Vollgeschosse und Terrassen bei GFZ

Frage: Ich habe mehrere Fragen:


1. Zählen Terrassen bei der Ermittlung der GFZ dazu? Gibt es da einen Unterschied zwischen überdacht und nicht überdacht?


2. Ich habe ein EFH (Flachdach): EG mit 260 qm Fläche. Das Obergeschoss hat eine lichte Raumhöhe von 2,30m und ist ein Staffelgeschoss mit 170qm Fläche (also kein Vollgeschoss, weil weniger als ¾ des darunterliegenden Geschosses).

Die max. Traufhöhe beträgt 6,00m.

Zählt da also auch mein OG mit, obwohl es kein Vollgeschoss ist?


Antwort:
Die Antworten auf diese Fragen finden Sie im §20 der Baunutzungsverordnung (BauNVO).


§ 20 Vollgeschosse, Geschossflächenzahl, Geschossfläche


(1) Als Vollgeschosse gelten Geschosse, die nach landesrechtlichen Vorschriften Vollgeschosse sind oder auf ihre Zahl angerechnet werden.


(2) Die Geschossflächenzahl gibt an, wie viel Quadratmeter Geschossfläche je Quadratmeter Grundstücksfläche im Sinne des § 19 Abs. 3 zulässig sind.


(3) Die Geschossfläche ist nach den Außenmaßen der Gebäude in allen Vollgeschossen zu ermitteln. Im Bebauungsplan kann festgesetzt werden, dass die Flächen von Aufenthaltsräumen in anderen Geschossen einschließlich der zu ihnen gehörenden Treppenräume und einschließlich ihrer Umfassungswände ganz oder teilweise mitzurechnen oder ausnahmsweise nicht mitzurechnen sind.


(4) Bei der Ermittlung der Geschossfläche bleiben Nebenanlagen im Sinne des § 14, Balkone, Loggien, Terrassen sowie bauliche Anlagen, soweit sie nach Landesrecht in den Abstandsflächen (seitlicher Grenzabstand und sonstige Abstandsflächen) zulässig sind oder zugelassen werden können, unberücksichtigt.


Sie sehen in in Satz 4, dass Terrassen, ob überdacht oder nicht überdacht, bei der Berechnung der GFZ unberücksichtigt bleiben, soweit die Abstandsflächen und der seitliche Grenzabstand eingehalten werden.


In Satz 3 wird erklärt, dass Geschosse, die keine Vollgeschosse sind, ebenfalls grundsätzlich nicht mitzurechnen sind. Es kann aber sein, dass im Bebauungsplan festgelegt ist, dass diese Flächen ganz oder teilweise mitzurechnen sind.


Schauen Sie in den Bebauungsplan Ihres Gebiets. Sollte darin zu diesem Thema nichts stehen, müssen Sie Ihr Obergeschoss nicht mitrechnen.


Mehr zu diesem Thema finden Sie im Artikel
GRZ und GFZ. Die BauNVO, die Landesbauordnungen der meisten Bundesländer und mehr können Sie sich unter Downloads runterladen.

Frage: Vielen Dank für die Antwort.


Mir ist leider ein Fehler in meiner Frage unterlaufen. Ich meinte nicht die GFZ, sondern die GRZ.

Im §19 BauNVO steht ja, dass ich die GRZ mit den in Satz 1 bezeichneten Anlagen um 50 % übersteigen darf. Zählen dazu auch Terrassen? Wie zähle ich diese in die GRZ mit ?


Und dann habe ich ja noch das Problem mit der max. Traufhöhe von 6,00m. Messe ich diese von Oberkante Straße bis Deckenoberkante Vollgeschoss (also EG), oder wirklich bis zur OK OG, obwohl dies kein Vollgeschoss ist?


Ich würde die Gelegenheit gerne nutzen, und noch was anderes fragen:
Ich bin Studentin und habe mittlerweile schon meinen 2. Realisierungwettbewerb gewonnen.

Das Problem mit der Bezahlung belastet mich aber sehr. Denn ich kann ja schlecht einfach in die HOAI gucken. Wie kann ich mir z.B. den Entwurf für etwas bezahlen lassen?

Oder wie sollte ich am besten mit der Situation umgehen, dass ich jetzt schon so viel zu tun habe? Soll ich mich selbständig machen? Geht das denn so einfach als Student?


Antwort:
Wenn ich Sie richtig verstehe, so gibt es das Haus noch nicht, sondern Sie haben es geplant und kommen nun mit den Vorschriften des Bebauungsplans in Konflikt.


Ich gehe jetzt mal davon aus, dass ein Flachdach im Geltungsbereich Ihres Bebauungsplans zulässig ist.


Nun kurz §18 und §19 der BauNVO, anschließend meine Anmerkungen dazu.


§ 18 Höhe baulicher Anlagen


(1) Bei Festsetzung der Höhe baulicher Anlagen sind die erforderlichen Bezugspunkte zu bestimmen.


(2) Ist die Höhe baulicher Anlagen als zwingend festgesetzt (§ 16 Abs. 4 Satz 2), können geringfügige Abweichungen zugelassen werden.


§ 19 Grundflächenzahl, zulässige Grundfläche


(1) Die Grundflächenzahl gibt an, wie viel Quadratmeter Grundfläche je Quadratmeter Grundstücksfläche im Sinne des Absatzes 3 zulässig sind.


(2) Zulässige Grundfläche ist der nach Absatz 1 errechnete Anteil des Baugrundstücks, der von baulichen Anlagen überdeckt werden darf.


(3) Für die Ermittlung der zulässigen Grundfläche ist die Fläche des Baugrundstücks maßgebend, die im Bauland und hinter der im Bebauungsplan festgesetzten Straßenbegrenzungslinie liegt. Ist eine Straßenbegrenzungslinie nicht festgesetzt, so ist die Fläche des Baugrundstücks maßgebend, die hinter der tatsächlichen Straßengrenze

liegt oder die im Bebauungsplan als maßgebend für die Ermittlung der zulässigen Grundfläche festgesetzt ist.


(4) Bei der Ermittlung der Grundfläche sind die Grundflächen von

1. Garagen und Stellplätzen mit ihren Zufahrten,

2. Nebenanlagen im Sinne des § 14,

3. baulichen Anlagen unterhalb der Geländeoberfläche, durch die das Baugrundstück lediglich unterbaut wird, mitzurechnen. Die zulässige Grundfläche darf durch die Grundflächen der in Satz 1 bezeichneten Anlagen bis zu 50 vom Hundert überschritten werden, höchstens jedoch bis zu einer Grundflächenzahl von 0,8; weitere Überschreitungen in geringfügigem Ausmaß können zugelassen werden. Im Bebauungsplan können von Satz 2 abweichende Bestimmungen getroffen werden. Soweit der Bebauungsplan nichts anderes festsetzt, kann im Einzelfall von der Einhaltung der sich aus Satz 2 ergebenden Grenzen abgesehen werden

1. bei Überschreitungen mit geringfügigen Auswirkungen auf die natürlichen Funktionen des Bodens oder

2. wenn die Einhaltung der Grenzen zu einer wesentlichen Erschwerung der zweckentsprechenden Grundstücksnutzung führen würde.


Wenn Sie in §18 schauen, sehen Sie, dass die erforderlichen Bezugspunkte zu bestimmen sind. Wenn in Ihrem Bebauungsplan lediglich die max. Traufhöhe festgelegt ist, messen Sie von Oberfläche Gelände bis Traufe, in Ihrem Fall bis Oberkante Attika. Die Traufhöhe hat mit Vollgeschossen nichts zu tun. Die Traufe ist die untere bzw. seitliche Kante des Daches vom Giebel aus gesehen, bei einem Flachdach eben die Attika. Die Traufhöhe ist die Höhe am Schnittpunkt der Außenkante der Außenwand mit der Oberkante der Dachhaut. Wenn in einem Bebauungsplan Höhen festgelegt sind, betreffen diese das gesamte Gebäude, nicht nur die Vollgeschosse. Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun.


Was das Überschreiten der GRZ um bis zu 50% angeht, so werden in Satz 1 des §19 explizit nur Garagen und Stellplätze und Ihre Zufahrten erwähnt, Terrassen fallen also nicht darunter. Wie ich Ihrer Fragestellung entnehme planen Sie aber nicht nur das Auslegen einiger Platten, sondern das Errichten einer größeren, befestigten und überdachten Terrasse. Eine Aussage meinerseits dazu wäre Spekulation. Ich bin kein Anwalt und das Geschäft des Architekten ist so vielschichtig, dass kein Mensch alles wissen kann. Zum Glück gibt es aber immer Menschen, die man fragen kann. Nehmen Sie den Telefonhörer in die Hand und fragen Sie im zuständigen Baurechtsamt nach. Lassen Sie sich die Auskunft schriftlich geben, dann sind Sie auf der sicheren Seite.


Nun noch zu Ihren Fragen bzgl. Bezahlung, Selbständigkeit etc..


Dass Sie als Studentin schon zwei Wettbewerbe gewonnen haben erstaunt mich, ich glaube Ihnen das jetzt aber einfach mal und beglückwünsche Sie dazu.


Architektur ist aber mehr als nur Entwerfen, wie Sie spätestens aufgrund Ihrer oben besprochenen Probleme wohl schon selbst gemerkt haben. Ein großes Problem ist, dass die Studierenden während des Studiums überhaupt nicht auf das Berufsleben vorbereitet werden. In den Unis ist dies noch weitaus schlimmer als in den FHs.


Daher hat die von allen Betroffenen, auch von mir, so verhasste AiP-Zeit durchaus ihre Berechtigung. Sie bietet zwar auf der einen Seite den Arbeitgebern die nur zu oft genutzte Möglichkeit, die AiPs auszunützen, auf der anderen Seite sind sie nach dem Abschluss Ihres Studiums einfach nicht genügend vorbereitet, um sofort den Schritt in die Selbständigkeit gehen zu können. Bei der Architektur geht es leider nicht nur um Schönheit sondern auch um sehr viel Geld und noch mehr Vorschriften. Ohne eine gewisse Erfahrung können Sie dabei sehr schnell Schiffbruch erleiden.


Dazu gehört auch, dass man sich schon zu Beginn der Planung mit den Vorschriften des Bebauungsplans auseinandersetzt und nicht erst am Schluss, wenn das Kind schon in den Brunnen gefallen ist.


In Punkto Bezahlung können Sie natürlich nicht die HOAI heranziehen. Diese gilt für Architekten und Ingenieure, das sind Sie aber noch nicht. Ich denke, eine Abrechnung auf Stundenlohnbasis wäre in Ihrem Fall die beste Lösung. Die Höhe des Stundensatzes ist Verhandlungssache.


Selbständig machen können Sie sich auch als Studentin, nur eben nicht als Architektin, das sind Sie ja noch nicht. Da Sie auch noch nicht planvorlageberechtigt sind sollten Sie überlegen, einen planvorlageberechtigten Kollegen einzustellen.


Unter dessen Anleitung könnten Sie dann auch im eigenen Büro Ihre AiP-Zeit absolvieren, sofern das in Ihrem Bundesland überhaupt nötig ist.


Dies ist eine Möglichkeit, ich rate Ihnen aber davon ab. Wie oben schon erwähnt erhalten Sie während des Studiums nicht das nötige Rüstzeug, um in der Praxis zu bestehen. Arbeiten Sie zunächst ein paar Jahre in guten Büros, um sich die nötige Erfahrung für die Selbständigkeit anzueignen.


Was die rechtlichen Fragen angeht, so möchte  ich mich hier auch nicht zu weit aus dem Fenster lehnen. Ich bin zum Glück kein Rechtsanwalt sondern Architekt. Rufen Sie doch einfach Ihre Architektenkammer an. Dort werden Sie kompetente Ansprechpartner zu allen noch offen gebliebenen Fragen finden.

26. Jan 2008   | Email | Nach oben
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