Bebauungsplan ohne GRZ

Frage: wir haben in BW einen Bauplatz gekauft. Es besteht ein Bebauungsplan, in dem keine GRZ, sondern nur die GF EFH festgelegt ist (144m² als Maximalgrösse für ein EFH).
Die Bauplätze in diesem Gebiet für EFHs müssen lt. Bebauungsplan mindestens 300m² gross sein.
Wir haben nun im Kenntnisgabeverfahren unseren Antrag eingereicht und (nach Zustimmung durch Gemeinde und den Bauausschuss der Betroffenen Stadt) eine Ankündigung der Ablehnung für unseren Antrag vom Landratsamt erhalten.
Begründung: Überschreitung der versiegelten Flächen nach BauNVO § 19 Abs. 4.
Unser Lageplanverfasser hatte - da fehlende GRZ - alle unsere versiegelten Flächen auf die im Bebauungsplan festgelegten 144m² Hausfläche bezogen.
Unser Grundstück ist 575m² gross.
Jetzt die Frage: ist es üblich, die versiegelten Flächen auf eine im Bebauungsplan genannte Hausgrundfläche zu beziehen, wenn keine GRZ vorliegt? Denn: die errechnete GRZ unterscheidet sich beträchtlich, wenn man die Fläche von 144m² auf entweder 300m² (Grundstücksminimalgrösse) oder auf 575m² bezieht.
In meinen Augen entspricht dies keinem Gleichheitsgrundsatz, denn das würde ja bedeuten, dass ich ein kleineres Grundstück im Verhältnis viel stärker versiegeln darf als ein grösseres Grundstück...
Ich selbst hatte angenommen, dass bei einer fehlenden GRZ etwas "angenommen" wird, z.B. 0,4 in einem Allgemeinen Wohngebiet.
Haben Sie hiermit Erfahrung?
Herzlichen Dank für Ihre Rückantwort.

 

Antwort: Es wird sich um einen alten Bebauungsplan aus der Zeit vor Inkrafttreten des Bundesbaugesetzes (BBauG), dem Vorgänger des Baugesetzbuches (BauGB), 1960 und der ersten Baunutzungsverordnung (BauNVO) 1962 handeln. Solange dieser heutigen Vorschriften nicht widerspricht, ist er weiterhin gültig.

 

Wenn keine GRZ festgelegt ist, können Sie nicht einfach von 0,4 ausgehen. Die 0,4 sind laut BauNVO lediglich eine Obergrenze, die bei der Bestimmung des Maßes der baulichen Nutzung in reinen und allgemeinen Wohngebieten (WR und WA) sowie Ferienhausgebieten nicht überschritten werden darf.

 

Wenn damals die 144m² Grundfläche pro Grundstück festgelegt wurden, so entspricht das ja im Prinzip schon der heutigen GRZ. Nur, dass die Grundfläche umgerechnet in eine GRZ dann eben für jedes Grundstück eine andere GRZ ergeben würde, abhängig von der Grundstücksgröße.

 

Natürlich entspricht dies keinem Gleichheitsgrundsatz, allerdings gibt es auch heute Bebauungspläne, die unterschiedliche Vorgaben für verschiedene Grundstücke eines Gebietes beinhalten. Das ist in Ihrem Fall vielleicht ärgerlich, aber nichts ungewöhnliches.

 

Zur GRZ steht in der BauNVO unter anderem folgendes:

 

§ 19 Grundflächenzahl, zulässige Grundfläche

 

(1) Die Grundflächenzahl gibt an, wieviel Quadratmeter Grundfläche je Quadratmeter Grundstücksfläche im Sinne des Absatzes 3 zulässig sind.

 

(2) Zulässige Grundfläche ist der nach Absatz 1 errechnete Anteil des Baugrundstücks, der von baulichen Anlagen überdeckt werden darf.

 

(3) Für die Ermittlung der zulässigen Grundfläche ist die Fläche des Baugrundstücks maßgebend, die im Bauland und hinter der im Bebauungsplan festgesetzten Straßenbegrenzungslinie liegt. Ist eine Straßenbegrenzungslinie nicht festgesetzt, so ist die Fläche des Baugrundstücks maßgebend, die hinter der tatsächlichen Straßengrenze liegt oder die im Bebauungsplan als maßgebend für die Ermittlung der zulässigen Grundfläche festgesetzt ist.

 

(4) Bei der Ermittlung der Grundfläche sind die Grundflächen von

 

1. Garagen und Stellplätzen mit ihren Zufahrten,

2. Nebenanlagen im Sinne des § 14,

3. baulichen Anlagen unterhalb der Geländeoberfläche, durch die das Baugrundstück lediglich unterbaut wird, mitzurechnen. Die zulässige Grundfläche darf durch die Grundflächen der in Satz 1 bezeichneten Anlagen bis zu 50 vom Hundert überschritten werden, höchstens jedoch bis zu einer Grundflächenzahl von 0,8; weitere Überschreitungen in geringfügigem Ausmaß können zugelassen werden. Im Bebauungsplan können von Satz 2 abweichende Bestimmungen getroffen werden. Soweit der Bebauungsplan nichts anderes festsetzt, kann im Einzelfall von der Einhaltung der sich aus Satz 2 ergebenden Grenzen abgesehen werden

 

1. bei Überschreitungen mit geringfügigen Auswirkungen auf die natürlichen Funktionen des Bodens oder

2. wenn die Einhaltung der Grenzen zu einer wesentlichen Erschwerung der zweckentsprechenden Grundstücksnutzung führen würde.

 

Unter (4) sehen Sie, dass Garagen und Stellplätze sowie Nebenanlagen bei der Ermittlung der Grundfläche zwar voll mitzurechnen sind. Sie dürfen mit diesen aber die GRZ um 50%, jedoch max. bis zu einer GRZ von 0,8, überschreiten.

 

Dies sollte Ihnen dann das Baurechtsamt auch bei der Grundfläche von 144m² zugestehen.

 

BauGB BauNVO und mehr finden Sie unter Downloads.

07. Jan 2010   | Email | Nach oben
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